"...aus dem Rathaus" vom 28.03.2024

Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,

viele fragen sich: Warum fahren so viele Busse durch das Land ?

Seit Mitte Dezember erleben wir, dass in unserem Gebiet „alle paar Minuten“ - wie es ein Bürger ausdrückte - ein Bus vorbeifährt. Dem Einen gefällt das, weil er jetzt öfter das Auto stehen lassen kann. Den Anderen stören die vielen Busse. Man kann es nie allen recht machen.

Was man aber kann, ist, über Hintergründe zu informieren. Die dann hoffentlich nicht nur zu einer besseren Akzeptanz, sondern auch zu einer intensiveren Nutzung führen.

Die neue Landrätin, Frau Anke Beilstein, hatte am 13.03.2024 die Orts- und Stadtbürgermeister des Landkreises Cochem-Zell zu einer Bürgermeisterdienstbesprechung eingeladen. Einer der Tagesordnungspunkte war die Situation im ÖPNV und das damit verbundene Haushaltsdefizit des Landkreises. Aus dieser Sitzung möchte ich Sie, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, gerne im Einvernehmen mit der Landrätin hier informieren.

Im Schüler- als auch im öffentlichen Personennahverkehr - ÖPNV - hat sich vieles verändert. Waren früher die Schüler gesondert im Schülerverkehr unterwegs, ist dieser ganz in den ÖPNV aufgegangen. Früher waren private Busunternehmen auf eigene Rechnung mit Konzessionsverträgen im ÖPNV im Einsatz. Diese Verträge liefen aus. Die vom Land gewollte Umstellung des Systems Schülerbeförderung / ÖPNV soll aus den Mitteln des Landesfinanzausgleichs finanziert werden. Dieser brachte jedoch wesentliche Veränderungen, die auch auf die Finanzierung des ÖPNV durchschlagen.

Innerhalb des Landkreises bestehen sogenannte „Linienbündel“. Für uns interessant ist das Bündel „Moselschleifen“ und „Blankenrath“. Bereits im Dezember 2022 hatte der Landkreis diese Bündel öffentlich ausgeschrieben. Ergebnis: Kein Busunternehmen wollte auf eigene Rechnung Strecken wieder übernehmen. Deshalb wurden erneut im Mai 2023 europaweit die Bündel ausgeschrieben. Ergebnis: Nur eine Bietergemeinschaft mit heimischen Unternehmen gab ein Angebot ab.

Deshalb blieb dem Kreistag nichts anderes übrig, als dieses Angebot anzunehmen. Andernfalls hätte eine sogenannte Notvergabe erfolgen müssen, die noch höhere Kosten mit sich gebracht hätte. Die Bietergemeinschaft erhielt also den Zuschlag für die Dauer der ausgeschriebenen 10 Jahre.

Da der Schülerverkehr in den ÖPNV überführt wurde, ergaben sich erhebliche Änderungen. Fuhren die privaten Busunternehmer morgens die Kinder zur Kita bzw. Schule und die Busfahrer stellten anschließend die Busse ab und hatten „Freizeit“ bis zur Rückfahrt, werden jetzt die Zeiten durchgehend als Arbeitszeit gewertet und bezahlt. Das bedeutet, dass der Schülerverkehr von morgens etwa 6.30 Uhr bis abends etwa 18.30 Uhr gewährleistet und bezahlt werden muss.

Mit der Sicherstellung des Schülerverkehrs ging eine Ausweitung und Öffnung des ÖPNV einher. Da die Eltern letztlich entscheiden, welche Schule ihre Kinder besuchen, sind viele Fahrten während des Tages zu den unterschiedlichen Schulstandorten zu organisieren und durchzuführen.

Wie Frau Beilstein erläuterte, war ein Mehrbedarf von 72 Busfahrern gegeben. Diese Anzahl an neuen Busfahrern war und ist nicht auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu generieren. Deshalb wurden neue Busfahrer europaweit gesucht. Die Schulung sprachfremder Busfahrer ist natürlich eine Herausforderung, zumal diese gleichzeitig in den aktuellen Busverkehr eingesetzt werden mussten. Die Kreisverwaltung ist auch auf diesem Sektor nachhaltig bemüht, bei den Busunternehmen Verbesserungen zu erreichen.

Im Übrigen wurde es nur erforderlich, lediglich zwei neue Busse in die Fahrtenbedienung hinzu zu nehmen. Alte Busse wurden gegen neue umweltfreundliche Busse ersetzt.

Die Kreisverwaltung beobachtet, welche Strecken ggfls. im erweiterten Angebot des ÖPNV entbehrlich sind und herausgenommen werden können. Dies kann nicht nach ein paar Tagen oder Wochen resümiert werden. Zu gegebener Zeit wird der Landkreis hierüber entscheiden.

Ein Kritikpunkt war, dass die Fahrer nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten dem Fahrgast einen Fahrschein verkaufen. Frau Landrätin Beilstein legte großen Wert darauf, dass Unregelmäßigkeiten hier bitte sofort unter Angabe der Linie und des Zeitpunktes der Kreisverwaltung gemeldet werden - Tel. 115.

Die Einnahmen aus den Busfahrten sind Deckungsmittel für die Ausgaben des Landkreises. Letztlich zahlen wir alle über die Umlage der Gemeinden an den Landkreis die fehlenden Mittel. Ohne Fahrkarte ist der Fahrgast „Schwarzfahrer“. Der Landkreis sieht sich durch die vielen Beschwerden genötigt, stichprobenartig Kontrollen durchzuführen. Jeder Fahrgast sollte deshalb unbedingt darauf bestehen, dass er einen Fahrschein ausgestellt bekommt.

Im ländlich strukturierten Landkreis Cochem-Zell sind wir alle mit einem sehr eingeschränkten Angebot des ÖPNV aufgewachsen. Ein eigenes Auto war für uns in der Regel selbstverständlich, während der „Städter“ selbstverständlich die öffentlichen Verkehrsmittel benutzte und benutzt.

Die neuen umfangreichen Angebote des ÖPNV bieten sich an, eine Trendwende einzuleiten. Zum Beispiel können jetzt die Bürgerinnen und Bürger vom Barl in kurzen Zeitabständen in die Innenstadt und die aus dem Tal zu den Zielen auf dem Barl (z. B. Krankenhaus, Einkaufszentren, Arbeitsstelle usw.) oder zu den Zügen in Bullay fahren. Auch in den Abendstunden bis in die Nacht hinein.

Klar, wir haben im ländlichen Bereich nicht so viele Einwohner wie eine größere Stadt. Deshalb nutzen im Vergleich auch nicht so viele Fahrgäste den Bus. Ich denke, dass hier mit der Zeit ein Umdenken einsetzen wird. Wenn jetzt die Fremdenverkehrssaison beginnt, sollte jeder Vermieter seinem Gast den ÖPNV nicht nur für die Fahrt vom und zum Barl, sondern auch insbesondere für dessen Ausflüge in die Umgebung offerieren.

In Bezug auf die Finanzierung der Mehraufwendungen ist der Landkreis Cochem-Zell gemeinsam mit anderen Landkreisen und dem Landkreistag mit dem Land Rheinland-Pfalz in Gesprächen. Hier besteht noch Klärungsbedarf.

Interessant sind u. a. in diesem Zusammenhang die Ausführungen von Frau Landrätin Beilstein: „Wir haben durch den Verkehrsverbund Rhein-Mosel (VRM) berechnen lassen, wie sich die Kostensituation bei einer reinen Vergabe von Fahrleistungen für die Schüler- und Kitabeförderung der betreffenden Linienbündel im Landkreis darstellen würde. Mit Nettoaufwendungen von 24,951 Mio. € wäre das rund 300.000 € teurer gewesen als das Gesamtpaket „Schülerbeförderung plus ÖPNV-Angebot nach dem ÖPNV-Konzept RLP Nord“ .

Geben Sie dem neuen, ausgeweiteten Angebot des ÖPNV eine Chance - nutzen Sie die Angebote des ÖPNV!

Und noch eine Bitte: Wenn Sie ein Deutschland-Ticket erwerben, dann über die Kreisverwaltung Cochem-Zell - Tel. 115.

 

Allen Bürgerinnen und Bürgern, Gästen und Besuchern unserer Stadt wünsche ich ein gesegnetes und frohes Osterfest.

Ihr

Stadtbürgermeister

Hans-Peter Döpgen